Wann immer Du denkst,
Deine Kinder wollen Dich
oder Deine Geduld testen:


Es ist ihre Einladung
Deine Rolle abzulegen und
ganz Du selbst zu sein.

Siehst Du es?
Sie wollen wirklich Dir begegnen.


Leidenschaftlicher 
geht 
Liebe 
nicht.

Es ist das größte Geschenk und gleichzeitig die größte Herausforderung: 
Je nachdem, aus welcher Perspektive wir darauf blicken. 

Kinder haben die ganz natürliche Hingabe, die Wahrheit erfahren zu wollen. 
Sie wollen wissen, wer Du bist. Und umso mehr sie Dich lieben, umso mehr wollen sie das wissen. Sie wollen wissen, woran sie sind. Wer ist diese Person, die ich Mutter nenne, die ich Vater nenne usw.?


In den Situationen, in denen wir unser Kind als herausfordernd erleben und denken - jetzt will es wieder unsere Grenzen testen (und jetzt müssen wir wirklich durchgreifen!), 
dann zeigen uns die Kinder, dass unsere Sprache, die Art und Weise, wie wir uns ihnen präsentieren, nicht mit unserem wahren Kern in Übereinstimmung ist.


Beispiel: 
Ich habe es am Morgen sehr eilig zu einem Termin zu kommen und in meiner Wahrnehmung trödelt mein Kind mal wieder und braucht ewig Zeit, seine Schuhe anzuziehen. Ich werde immer nervöser und angespannter. Ich kann in meiner Anspannung nur noch gepresst reden und bringe gerade noch ein höfliches: “Kannst Du Dich bitte etwas mehr beeilen?!?“ - „Nein, kann ich nicht!“ kommt als prompte Antwort – und die Antwort landet in mir wie eine Kampfansage… 
Es klingt in meinen Ohren wie: “Leck mich doch am Arsch mit Deinem Scheiß!“ und fühlt sich an wie ein nasskalter Wellenschlag direkt ins Gesicht. 
Ich bin völlig empört und es könnte nun ein Wutausbruch folgen, der die morgendliche Situation in einen Tiefpunkt der Würdelosigkeit und Verletzung verwandelt. 


Irgendwann habe ich angefangen zu entscheiden, dass ich das nicht mehr tun will. 
Der Schmerz, den ich bei diesen Wutausbrüchen empfand war zu groß geworden. 
Die Schuldgefühle danach nicht zu ertragen. 
Also habe ich angefangen, mich darauf zu konzentrieren, was in mir passiert. 
Erstmal Atmen – tief Durchatmen! 
In solchen Situationen habe ich die größten Verkrampfungen in meiner Bauchgegend gespürt, denen ich bis dorthin begegnet war. Ein schreckliches Gefühl. Kaum zum Aushalten. Irgendwann habe ich gelernt es auszuhalten. Nicht nur das. Ich habe es wirklich gefühlt – die ganze Hilflosigkeit, die in einer solchen Situation in mir aufflammte. Zuerst die Angst, nicht rechtzeitig zu meinem Termin zu kommen. Dann die Angst, dass die Situation mit meinem Kind weiter eskaliert und es sich ganz weigert aus dem Haus zu gehen. Die Sorge, dass mich die morgendliche Situation so sehr stressen wird, dass ich dann keinen klaren Kopf für meinen Termin mehr haben werde – Angst völlig zu versagen… 


Umso mehr ich mir dieser Angst bewusst wurde und sie fühlte, umso mehr kam ein Grundgefühl von totaler Hilflosigkeit in mir auf – auch das – nicht leicht auszuhalten. 
Doch in dem Moment, in dem ich bereit war, es zu fühlen, statt es mit immer mehr Anspannung wegzudrücken, landete ich in mir, entstand Raum in mir und die Anspannung löste sich. 
Manchmal dauerte der Prozess nur wenige Minuten, veränderte die Situation aber grundlegend. Auf einmal fühlte ich mich ruhig, stabil, entspannt und gleichzeitig klar, erwachsen und handlungsbereit. 


Es war nun möglich meinem Kind sehr einfach und klar und mit einer fühlbaren Kraft zu sagen, dass ich in Eile bin, weil ich einen Termin habe und möchte, dass es sich beeilt. Durch diesen Prozess war ich mit mir selbst in Kontakt gekommen und konnte so in einen sehr direkten Kontakt mit meinem Kind treten. Ohne die unterdrückte Angst. Und mein Kind konnte dem begegnen, was wirklich da war: Der Vater, der es eilig hat. 
Das ist sehr einfach zu verstehen.


Verwirrend und verunsichernd ist es dagegen für ein Kind, wenn der Vater sich verstellt, um die ideale Vaterrolle aufrecht zu halten: 
Entspannt, alles im Griff, nie launisch, immer für das Kind da.

Das Kind spürt die Anspannung des Vaters und spürt, irgendetwas stimmt nicht. 
So wie sich der Vater verhält, so wie er wirkt, stimmt es nicht mit dem überein, was er sagt. 

Dieses Dilemma wollen Kinder auflösen. Sie wollen wissen wer Du bist, damit sie wissen, 
dass Du da bist, damit sie sich sicher fühlen können. 


Wenn wir in diesen Situation die Perspektive einnehmen, dass unser Kind schwierig, herausfordernd oder Grenzen testend ist, dann wird dies zu unserer Wirklichkeit. 
Und wenn wir in dieser Wirklichkeit beginnen unser Kind zu schimpfen, es als Lahme Ente im Schneckentempo zu bezeichnen oder ihm gar die Schuld dafür zu geben, dass wir nun zu spät kommen werden - wird das Kind lernen, dass etwas mit ihm nicht in Ordnung ist – das es unfähig oder falsch ist und das es Schuld daran hat, das der Vater unglücklich ist.


Wenn wir die Situation als Entwicklungsprozess begreifen, haben wir die Möglichkeit, etwas über uns selbst zu lernen, was uns gleichzeitig unser Leben, wie unsere Beziehung zu unserem Kind leichter macht – von mal zu mal etwas mehr. 
Denn nicht nur unser Kind gewinnt hier Sicherheit und ein authentisches Gegenüber, sondern auch wir als Eltern gewinnen – indem wir lernen uns selbst zu vertrauen, mit uns selbst in Kontakt zu kommen, als Voraussetzung dafür, authentisch wir selbst zu sein und authentisch für unser Kind da zu sein. Nicht als perfekte Eltern, sondern als echte Menschen.